Von Pioniergeist zum Elektro-Alltag
Renault ist keineswegs erst seit gestern im Elektrogeschäft aktiv. Bereits in den 1930er Jahren experimentierte der französische Hersteller mit elektrischen Antrieben: Für die Weltausstellung 1937 baute Renault rund 35 Elektro-Taxis auf Basis des Celtaquatre-Chassis. Diese frühen Versuche gerieten allerdings durch Materialknappheit und Kriegszeiten ins Stocken.
Nach Jahrzehnten, in denen Verbrennungsmotoren dominierten, kehrte Renault um die Jahrtausendwende zurück zu elektrisch betriebenen Fahrzeugen. Renault setzte früh auf das Konzept „Zero Emission“ und brachte ab etwa 2011 erste Serienmodelle heraus, beispielsweise den Fluence Z.E. und den elektrischen Kangoo Z.E. Auch das ungewöhnliche Leichtfahrzeug Twizy war Teil dieser Strategie: Als kompakter Elektro-Zweisitzer wurde er ab 2011 gefertigt und in vielen europäischen Städten als urbanes Mobilitätskonzept vermarktet – seine Produktion lief bis 2023.
Der Durchbruch gelang allerdings mit dem Zoe, einem kompakten Elektro-Kleinwagen, der in Europa mehrfach Spitzenpositionen in den Verkaufscharts erreichte. Der Zoe wurde zu einem Symbol für Renaults Elektro-Engagement und half der Marke, im europäischen Markt eine wahrnehmbare Stellung im Bereich Elektromobilität zu erlangen. Renault spricht selbst davon, über 10 Milliarden elektrisch gefahrene Kilometer und über 30.000 speziell geschulte Mitarbeitende in der Elektrosparte zu verzeichnen – Indizien dafür, dass der Konzern die Transformation hin zu E-Mobilität als eine Kernaufgabe begreift.
Gegenwart: Aktuelle Elektro-Modelle und Mobilitätsstrategien
Heute ist Renault in der Elektromobilität mit mehreren Bausteinen aktiv — von reinen Elektrofahrzeugen bis zu Mobilitätsservices.
Aktuelle Elektro-Modelle
Ein Blick auf die aktuellen Modellreihen zeigt, wie Renault versucht, unterschiedliche Marktsegmente abzudecken:
- Renault Mégane E-Tech Electric
Der Mégane E-Tech ist ein vollelektrischer C-Segment-Kompaktwagen und repräsentiert Renaults Strategie, etablierte Baureihen elektrifiziert weiterzuführen. - Renault 5 E-Tech Electric
Mit dem 5 E-Tech kehrt Renault zu einem ikonischen Modellnamen zurück – diesmal als modernes Elektroauto. Verwendet wird eine neue Plattform namens AmpR Small bzw. eine 800-Volt-Architektur. Der Wagen kommt mit verschiedenen Batterie- und Motorvarianten, etwa 40 kWh, 52 kWh (optional 70 kWh in der leistungsstarken Turbo-Variante). Auch eine auf 1.980 Einheiten begrenzte „Turbo 3E“-Version mit In-Wheel-Motoren für die Hinterräder ist geplant (etwa 536 PS Leistung) – eine wagemutige Hommage an den klassischen Renault 5 Turbo. - Mobilize Duo / Mobilize Bento
Da der Zwilling des Twizy auslief, setzt Renault künftig auf die Marke Mobilize für Mikro-Elektromobilität. Das Modell Mobilize Duo ist ein zweisitziges Leichtfahrzeug, produziert ab 2024, und wird in einigen Märkten 2025 erhältlich sein. Die Version mit Ladefläche heißt Mobilize Bento. - Light Commercial Vehicles (LCV) – FlexEVan / Trafic E-Tech
Im Nutzfahrzeugbereich plant Renault eine neue Generation von elektrischen Lieferwagen, unter dem Namen FlexEVan (ab 2026) – entwickelt in Kooperation mit Volvo Group und anderen Partnern. Der FlexEVan basiert auf der Ampere Software-Defined Vehicle Architektur und soll in Sandouville (Frankreich) gebaut werden.
Darüber hinaus zählen Fahrzeuge in der E-Tech-Baureihe (elektrisch, hybrid oder Plug-in) zum Portfolio, etwa bei Modellen wie Scenic oder Captur in hybriden Versionen.
Strategische Organisation: Ampère & Partnerschaften
Um die Elektroaktivitäten zu bündeln, hat Renault die Geschäftseinheit Ampère gegründet (ehemals Renault Electricity). Diese soll sich vollständig auf Elektrofahrzeuge konzentrieren. Bis 2025 plant Ampère, vier Elektro-Modelle anzubieten, bis 2031 sieben. Das Ziel: eine Million verkaufte Fahrzeuge in 2031, ein Umsatz von 25 Mrd. € und eine operative Marge von > 10 % im EV-Geschäft.
Via Renaults Allianz mit Nissan/Mitsubishi sowie Kooperationen mit anderen Partnern (etwa Geely) werden technologische Synergien gesucht – insbesondere bei Batterien, Plattformen und Software. Zudem betreibt Renault Projekte wie Renault eWays, eine Plattform, um visionäre Elektro-Konzepte vorzustellen und seine Positionierung als nachhaltiger Mobilitätsanbieter zu schärfen.
Ein aktuelles Beispiel für Innovationsfreude: Renault plant den Relaunch des Kultmodells Renault 5 Turbo als vollelektrischen Klein-Sportwagen namens „5 Turbo 3E“, mit radnahen Elektromotoren – ein Statement in Sachen Technik und Markenimage. Trotz eines relativ hohen Einstiegspreises (ca. 155.000 €) wurden bereits im ersten Bestellungszeitraum zahlreiche Einheiten reserviert – ein Zeichen dafür, dass Renault auch im Premium-Bereich Aufmerksamkeit erzeugen will.
Blick nach vorn: Renaults Vision und Europa als Stärke
Renault sieht sich nicht nur als Mitspieler, sondern als europäischer Leitakteur in der Mobilitätswende. Man will nicht nur folgen – sondern mitgestalten:
- Regional verankertes Elektrozentrum
Mit der Schaffung von Ampère und der Umstrukturierung der Werke (etwa Douai oder Ruitz) strebt Renault an, in Europa ein führendes Kompetenzzentrum für elektrische Fahrzeugproduktion zu etablieren. Durch die Bündelung von Fertigung (z. B. die ehemalige Thermikproduktion in Douai wird eingestellt zugunsten elektrischer Fertigung) will man die Wertschöpfung stärker regional verankern. - Technologischer Vorsprung durch Plattform- und Softwarelösungen
Renault investiert gezielt in neue Plattformen (wie AmpR Small, CMF-EV mit 800V-Technik) sowie in softwarezentrierte Architekturen (Software-Defined Vehicles). Die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen mit der FlexEVan-Serie zeigt, dass Renault auch im gewerblichen Segment wachsen will. - Skalierung & Marktvision
Das Ziel, 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2031 zu verkaufen, ist ambitioniert – und zeigt den Anspruch, nicht nur Volumen zu erreichen, sondern auch profitabel zu wachsen. Renault sieht europäische B- und C-Segment-Fahrzeuge als Kernmarkt – ein Bereich, der in Europa traditionell stark ist. - Markenkraft & Emotion
Der Relaunch ikonischer Modelle wie des Renault 5 oder des Turbo-Ablegers zeigt: Renault setzt nicht allein auf nüchterne Technik, sondern auch auf Emotion, Nostalgie und Designkraft, um sich im Wettbewerb von reinen Techmarken abzuheben. - Herausforderungen & Wettbewerb
Natürlich stehen Herausforderungen im Raum: Der Druck durch chinesische EV-Hersteller, die Preissensibilität vieler Kunden, Lieferkettenrisiken und die Notwendigkeit, Ladeinfrastruktur weiter auszubauen, sind real. Auch Renault selbst plant, Investitionen in neue Märkte (außerhalb Europas) voranzutreiben, um Wachstumsperspektiven zu diversifizieren.
Fazit: Renaults Rolle als europäischer Elektro-Pionier mit Perspektive
Renault hat sich – aus historischen Anfängen – zu einem der prägenden Elektroanbieter in Europa entwickelt. Mit dem Zoe gelang der Marktdurchbruch, heute stehen ambitionierte Zukunftsprojekte wie Ampère, der Renault 5 E-Tech, Nutzfahrzeuge und ikonische elektrische Modelle im Fokus.
Der Vorteil für Renault als europäischer Hersteller liegt in seiner Nähe zum Markt, in bestehender Markenbekanntheit und in der Fähigkeit, Technik, Design und Emotion zu kombinieren – etwas, das neue Wettbewerber oft erst erschließen müssen. Wenn Renault es schafft, Produktion, Technologie und Marktstrategie effizient zu synchronisieren, kann es auch in der Elektro-Ära eine tragende Rolle spielen – nicht nur als Mitläufer, sondern als Innovator aus Europa.
© Bildquelle Renault 2025 © Text enews.at 2025

